Montag, 19. November 2012

Der Götterbaum in der Kirchstraße

Götterbäume, auch Bitteresche, Tree of Heaven oder Ghetto-Palme genannt, kommen aus Asien, wachsen hier wild auf Brachflächen, und heißen  Götterbäume weil sie ein Gedünst aussondern, das, wenn man unter so einem Baum schläft, krasse Träume machen soll.
Es war einmal ein Götterbaum in der Kirchstraße, und der war so fett dass man wohl so schnell kein ähnlich beeindruckendes Exemplar gefunden hätte. Jedesmal, wenn er ins Kino ging, hat niemand anderes mehr was gesehen.
Das endete 2009, wie das Altenheim dahinter abgerissen wurde und der Vorgartenbaum dem Neubau weichen musste. Der Baum war größer wie das Haus.

Das neue Haus geht bis zum Gehsteig. Alles versiegelt. Das neue Haus hat noch eine Tiefgarage und der mächtige Götterbaum ist weg.
Aber Götterbäume können was: Seine Krone ging damals bis zur Mitte der Straße, und irgendwie hat ein Stolo es geschafft, von unter der Straße auf der gegenüberliegenden Seite zwischen Hausmauer und Dachrinne durchzutreiben. Das erste Jahr war es ziemlich eindrucksvoll, als die Baustelle mit der Baumstelle offen lag und auch Triebe gegenüber aus der Bordsteinkante schossen. Die wurden automobil vergast.
Hausbesitzer mögen sowas nicht, weil das Pflanzenwachstum die Bausubstanz schädigt. So werden die Triebe jedes Jahr abgemacht. Also echt der Hammer, dass die Wurzel trotz Asphalt und Bauwerken noch ein Loch zum Leben findet und dass sie es trotzdem probiert, hier einen Baum zu wachsen. Der kleine Trieb schafft soviel Photosynthese, kombiniert mit dem sumpfigen Untergrund der Wiehre und den alten Reservestoffen des Mutterbaumes, dass das Spiel immer noch weitergeht. Sitzt eine mächtige Deva auf diesem Baum, die dieses hoffnungslose Wachstum vorantreibt? Die Menschen werden so schnell nicht verschwinden hier. Der Baum wird keiner werden. Aber in diesem Blog soll ihm ein ewiges Denkmal zugesprochen werden.

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